Kunst und Alltag

Irgendwie gehört die Kunst ja zu meinem Alltag. Zumindest zu meinem Wochenendalltag, wenn es sowas gibt. Weil ich da so gerne in Ausstellungen gehe. Und dabei merke ich immer wieder, dass mich eben jenes Thema besonders interessiert: der Alltag.

Das K21 stellt gerade die chinesische Künstlerin Cao Fei aus. Am längsten hängengeblieben bin ich beim Video „Haze and Fog“, weil darin Alltagsszenen gezeigt werden. Oder sowas Ähnliches zumindest. Sehr kurze Szenen, die sehr lange Kopfgeschichten in Gang setzen. Ein Liefermann, dem im Hausflur eine Wassermelone auf dem Boden zerspringt. Eine Frau, die in hochhackigen Schuhen auf einer Tischtennisplatte im Keller kniet und das rechte Bein und den linken Arm in die Höhe streckt. Eine andere Frau, die auf der Küchenzeile sitzt und raucht, schwanger, und danach die Dunstabzugshaube wieder abstellt.

Alltag ist doch das Spannendste, finde ich. Natürlich macht auch die fremde – chinesische – Umgebung einiges aus. So liebe ich es im Ausland immer, durch den Supermarkt zu schlendern und solch alltägliche Dinge wie Spülmittel oder Kekse in ihrem ungewohnten Verpackungsdesign zu entdecken.

Alltag heißt auch: Jeder kocht anders

Aber eigentlich ist ja jeder Alltag interessant, der nicht der eigene ist. Denn Alltag bedeutet zwar das Unaufgeregte, das, was immer gleich ist. Trotzdem sieht dieser ja bei jedem völlig unterschiedlich aus. Jeder steht anders auf, putzt sich anders die Zähne, geht zu einer anderen Arbeit.

Und kocht anders. Unvergessen ist bei mir ein Video des Künstlers Wolfgang Tillmans, das knapp drei Minuten lang kochende Erbsen zeigt. Sowas liebe ich. Wie genau man sich diese umhersprudelnden grünen Kügelchen anschaut, wenn man sich sonntags in eine Ausstellung begibt und offen für alles ist, was da kommt.

Auch in der Malerei können Alltagsszenen berühren. Beim letzten Winter-Rundgang in der Kunstakademie entdeckte ich Nico Schützingers Bilder, die mich an WG-Zeiten erinnern. Wein trinken und rauchen in der Küche, vor dem Laptop einschlafen, Wäsche aufhängen am offenen Fenster – alles Szenen, die normalerweise wohl nicht mal mit einem Foto festgehalten würden, geschweige denn in Öl auf Leinwand.

https://www.instagram.com/p/Bag003vAXwz/?hl=de&taken-by=nicingr

Wie man Leute dazu bekommt, einen anderen Blick für den Alltag zu bekommen, zeigten Marco Biermann und Tomas Kleiner beim selben Rundgang, nur draußen: Sie haben vor der Akademie einen mit Wasser gefüllten Container aufgestellt, diesen wie ein Wohnzimmer mit Küche eingerichtet und – mit einem Taucheranzug unter Jogginghose und Pullover – fünf Tage darin gelebt. Durch zwei Seitenscheiben konnten die Besucher sie dabei beobachten.

Soviel zum Alltag in der Kunst. Zur Kunst selbst als Alltag gab es einmal das herrlichste Interview im SZ-Magazin mit dem Künstler Jens Risch. Auf die Frage, warum er seit 16 Jahren Knoten in Seidenzwirn mache, antwortete er: „Weil ich es für das Sinnvollste halte, was ich machen kann.“ An normalen Arbeitstagen knotet er vier Stunden, im Urlaub und am Wochenende je zwei. Eine Arbeit, die dem Interviewer und wohl auch den meisten Lesern völlig abgedreht und zweckfrei vorkommt. Dem Künstler nicht. Für ihn ist es Alltag.

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Links:
Die Ausstellung “Cao Fei” im K21 läuft noch bis 13.01.2019
Website von Wolfgang Tillmans
Instagram-Account von Nico Schützinger
Interview mit Jens Risch

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