Wie man die Stadt interviewt – Ein Gespräch mit Bloggerin Alexandra Wehrmann

Ob eine Party Spaß macht, hängt zum Großteil von den Gästen ab. Von dem, was man daraus macht. Eine Stadt ist da nicht anders – es sind ihre Bewohner, die sie prägen. Auf ihrem Blog theycallitkleinparis schreibt die Journalistin Alexandra Wehrmann über Düsseldorf. Doch bleibt die Stadt am Rhein bei ihr kein Objekt, sondern wird zum Gesprächspartner. Wie sie zum Bloggen kam und wo sie die Menschen findet, die sie interviewt, erzählt sie uns am besten selbst.

theycallitkleinparis
Foto: Alexandra Wehrmann

Bist du eine echte Düsseldorferin?

Eine waschechte. Geboren in Eller, dann von meinen Eltern nach Ludenberg verschleppt, ein Stadtteil, den selbst die meisten Düsseldorfer nicht kennen. Mittlerweile lebe ich seit vielen Jahren hinter dem Bahnhof, in Oberbilk. Ein Viertel, das ich ob der hier herrschenden Vielfalt und des beizeiten eher rauen Klimas sehr mag. Pempelfort oder Unterbilk wären mir persönlich als Ort zum Leben zu satt und gesettelt.

Ist das dein erster Blog oder hast du zuvor schon anderswo gebloggt?

Nein, theycallitkleinparis ist tatsächlich mein Blog-Debüt. Ich war wie so oft spät dran. Als ich im Herbst 2015 mit dem Blog begann, war ich schon 44. Man könnte also durchaus von Senioren-Bloggerei sprechen. Das wird auch auf meinen Visitenkarten stehen. Wenn ich dann mal welche habe.

Wie kamst du auf die Idee, einen Blog über Düsseldorf zu starten?

Ich arbeite schon seit 20 Jahren als Journalistin in Düsseldorf und kenne die Stadt, nicht zuletzt durch meine Arbeit, natürlich ziemlich gut. In meinem Brotjob, der Redaktion eines Stadtmagazins, veränderten sich im Laufe der Jahre die Rahmenbedingungen ziemlich stark. Administrative Tätigkeiten wurden immer mehr, die kreative Arbeit trat in den Hintergrund. Daher war ich auf der Suche nach einer Spielwiese, auf der ich mich – jenseits aller Zwänge, Rubriken, Deadlines und Längenvorgaben – so richtig austoben konnte. Und die habe ich mit theycallitkleinparis dann auch gefunden.

Du näherst dich der Stadt hauptsächlich über die Menschen, die hier leben und arbeiten. Stand das Interview-Format von Anfang an fest oder hat sich das so ergeben?

Das hat sich einfach so ergeben. Als ich theycallitkleinparis gestartet habe, hatte ich nicht wirklich ein Konzept. Ich habe einfach losgelegt. Bei der Arbeit gehe ich sehr stark davon aus, was mich selber thematisch interessiert, was ich selber gerne lesen würde, vielleicht auch anderswo, in den etablierten Medien, vermisse. Inhaltlicher Schwerpunkt ist auf jeden Fall Kultur und da eher Subkulturelles. Grundsätzlich möchte ich aber thematisch nichts ausschließen, was irgendwie Düsseldorf-Bezug hat. Ich habe auch schon mal den Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel interviewt. Das Gespräch drehte sich allerdings nicht um seine eigentlichen Kernkompetenzen, es ging vielmehr ausschließlich um Musik. Geisel hat mir damals unter anderem verraten, welches Lied er mit seiner ersten großen Liebe verbindet. “Je t’aime” von Serge Gainsbourg und Jane Birkin.

Wie findest du die Menschen, die du interviewst?

Ganz unterschiedlich. Ich gehe immer offenen Auges durch die Stadt und spechte überall nach Themen. Die finde ich im Museum oder Theater genauso wie an der Falafel-Bude oder zuletzt auch bei der Arbeitsagentur. Dort traf ich zum Beispiel auf einen Mitarbeiter, der mich mit seiner Art, mit Klienten wie mir umzugehen, sehr überrascht hat. Den werde ich diese Woche zu seiner Arbeit interviewen. Viele Themen werden aber natürlich auch von außen an mich herangetragen. Und das Netz ist selbstredend eine prima Quelle.

Wie läuft das Interview dann ab?

Auch das ist unterschiedlich und richtet sich häufig nicht zuletzt nach der Zeit, die mein Gesprächspartner und ich gerade erübrigen können. Manche Interviews laufen per Mail, das ist für mich am unaufwendigsten, weil ich die Gespräche im Anschluss nicht abtippen und noch mal zur Freigabe versenden muss. Andere absolviere ich telefonisch. Und viele Leute treffe ich natürlich auch persönlich. Die Termine dauern dann oft ziemlich lange. Meine Erfahrung ist, dass fast jeder eine Geschichte zu erzählen hat. Und das auch gerne tut.

Wen möchtest du auf jeden Fall noch interviewen?

Mir geht es gar nicht so sehr um die großen Namen. Wenn du einen berühmten Schauspieler oder Musiker 20 Minuten am Telefon sprichst, ist es meiner Erfahrung nach wesentlich schwieriger, ein tiefes Gespräch zu führen, als wenn du dir für eine Person mehr Zeit nimmst und sie persönlich triffst.

Eine Idee, die ich schon sehr lange mit mir herumtrage und nun in Kürze endlich umsetzen werde, ist folgende: Ich möchte mit Mario, einem italienischen Cafébetreiber aus Bilk, Gespräche über die großen Themen des Lebens führen. Er ist nicht Richard David Precht. Und ich bin nicht von der Zeit oder der SZ. Trotzdem machen wir uns auch so unsere Gedanken. Und Mario ist jemand, dem verbale Vorsicht völlig fremd ist. Er nennt die Dinge beim Namen. Das ist für Journalisten natürlich sehr dankbar. Die Gespräche werden monothematisch angelegt sein. Jedes dreht sich nur um ein Thema. Liebe. Arbeit. Familie. Geld. Glück. Starten werden wir auf Marios Wunsch hin aber mit dem wahrscheinlich schwierigsten Sujet von allen: dem Tod.

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